Was ist Psychomotorik?
Sich bewegen und erspüren, staunen und erleben, ausprobieren, sich erproben, experimentieren und variieren, erfahren mit allen Sinnen, Zeit haben, sich auseinandersetzen zu können, gemeinsam erleben, entdecken und lachen, Lernen durch Bewegung, spielen(d) Leben lernen…, das ist unser Verständnis von Psychomotorik.
Bewegung ist Leben!
Der Begriff Psychomotorik wurde gewählt, um zu verdeutlichen, dass psychische und motorische Abläufe, – Erleben und Bewegen – untrennbar miteinander verbunden sind und eine Einheit bilden. Die Idee der Psychomotorik ist längst nicht mehr nur auf den klinischen oder therapeutischen Rahmen beschränkt, sondern hat sich inzwischen auch als pädagogisches Förder- und Entwicklungsprinzip weiter entwickeln und verbreiten können. Dieses zeigt sich u.a. an der beständigen Zunahme von „Bewegungskindergärten” und dem Modell der „Bewegten Schule” nach dem Motto: Lernen braucht Bewegung.
Die Erkenntnis, dass Kinder sich über Spiel und Bewegung entwickeln und auf diese Weise lernen, ist nicht neu. Aber sie wird durch aktuelle neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse neu erklärt und eindrucksvoll bestätigt. „Die Entwicklung von Denkstrukturen und von Wahrnehmungsleistungen ist eng an die Motorik gebunden. Voraussetzung zu ihrer Ausbildung sind ausreichende Bewegungs- und Sinneserfahrungen”. (Zimmer 2005)
Bewegung führt u. a. zu einem verbesserten Stoffwechsel – auch in unserem Zentralnervensystem – zu einem angemessenen Aufmerksamkeits- und Aktivitätsniveau, erleichtert und verbessert Lern- und Gedächtnisprozesse. D.h.: Kinder erfahren und begreifen über aktives Bewegen und Handeln sich und ihre Umwelt leichter, effektiver und nachhaltiger. Sie erhalten unmittelbare Rückmeldung über Stärken und Schwächen, lernen damit umzugehen, erhalten Verstärkung und Anerkennung, lernen aber auch, Enttäuschungen und Frustrationen zu bewältigen.
Somit wirkt sich eine vielseitige und erfolgreiche Entwicklungsbewältigung unmittelbar positiv auf das Selbstbewusstsein und das Selbstkonzept aus. Dadurch wird die Persönlichkeit gestärkt und schafft wichtige Bildungsvoraussetzungen. Trotz dieser Erkenntnisse steigt die Zahl der Kinder und Jugendlichen, denen es immer schwerer zu fallen scheint, sich selbstverständlich und freudvoll zu bewegen.
In den Medien wird häufig über verschiedene Untersuchungen berichtet, die aufzeigen, dass aufgrund zunehmenden Bewegungsmangels, ungesunder Ernährungsgewohnheiten oder einem übermäßigen Fernseh-, Video- und Computerkonsum, Bewegungsgeschicklichkeit und körperliche Fitness nachlassen, Koordinations- und Wahrnehmungsstörungen, aber sowohl Aggressionen als auch Ängstlichkeit/Gehemmtheit ansteigen, die körperliche und seelische Gesundheit abnimmt, die Unfallgefahr zunimmt. Was Experten bereits seit Langem erwarteten: die Pisa-Studien zeigen, dass davon auch
das schulische Lernen unmittelbar betroffen ist. Hier setzt das psychomotorische Angebot von MOVERE an: Die Kinder werden in ihrem ursprünglichen Milieu abgeholt und durch Spiel und Bewegung, wird das freudvolle positive Zusammenwirken von Psyche und Motorik zur Entwicklungsförderung und Bildung genutzt. Psychomotorische Angebote übernehmen so zunehmend auch die Rolle von „Entwicklungshelfern“ in unserer weitgehend kinder- und bewegungsfeindlichen Gesellschaft.
Zusammengefasst: Das entwicklungsunterstützende und persönlichkeitsfördernde Konzept der Psychomotorik ermöglicht es Kindern mit unterschiedlichen Auffälligkeiten und Schwierigkeiten:
- Freude an der Bewegung (wieder) zu gewinnen
- eigenaktiv und initiativ zu werden, Stärken zu erweitern mit Schwächen umzugehen
- Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zu entwickeln mit anderen zu kooperiern, d.h. ein angemessenes Sozialverhalten zu entwickeln
„Netzwerk Psychomotorik”
„Insofern schlägt Psychomotorik eine Brücke vom Ich zum Wir, zum sozialen Umfeld” (Kiphard 2000). Dem entsprechend ist der Schwerpunkt unserer Arbeit im „Netzwerk Psychomotorik“ als kompetentes Kleingruppenangebot konzipiert, das in Hamm und Umgebung derzeit von mehr als 1000 Kindern genutzt wird.
Schwerpunkte & Ziele unserer Arbeit
- Verbesserung der Wahrnehmungsverarbeitung und -integration (taktil, kinästhetisch, vestibulär, visuell, auditiv)
- Verbesserung motorischer Leistungen und Erweiterung des motorischen Repertoires
- Verbesserung von Handlungsplanung und –durchführung (Praxie)
- Förderung eines spontanen und freudvollen Erlebens von Bewegung und eigener Körperlichkeit
- Regulation von Hyperaktivität, Hypoaktivität und psycho-motorischer Hemmung
- Erweiterung der Selbstwahrnehmung
- Wahrnehmung und Akzeptanz eigener Stärken und Schwächen, Erarbeitung eines realistischen Selbstbildes
- Erarbeitung eines Zuganges zu eigenen Ressourcen sowie deren Nutzung
- Erweiterung sozialer Handlungskompetenzen: Verbesserung der Wahrnehmung und Kommunikation eigener und fremder Befindlichkeiten und Bedürfnisse, der Regulation von Distanz und Nähe, bewusstmachen und bearbeiten dysfunktionaler Verhaltensmuster wie Aggression, Autoaggression, Rückzug, Verweigerung etc., erlernen eines konstruktiven Konfliktmanagements
- Aneignung eines angemessenen emotionalen Ausdrucks, Bewältigung von psychischen Verletzungen (Traumata), Lösung von Ängsten, Scham- und Schuldgefühlen, Trauer, Wut und Frustrationen
- erfahren, erleben, (wieder) Aneignung und Nutzung eigener Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit in der Beziehung zur materialen und sozialen Umwelt